Frauen halten die Gesellschaft am Laufen, verdienen aber weniger als Männer

Der Equal Pay Day, ein Aktionstag am 17. März, macht auf den Gender Pay Gap aufmerksam und ruft zu Maßnahmen auf.

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von tbd*, March 18, 2020
Mitarbeiterin im Gesundheitswesen

In ihrer Ansprache gestern Abend bedankte sich Angela Merkel explizit bei allen Menschen, die in diesen Zeiten der Krise in Berufen im Krankenhaus, der Pflege oder im systemrelevanten Einzelhandel (Supermärkte, Apotheken etc.) arbeiten. Was dabei unerwähnt bleibt: die große Mehrheit dieser Arbeitnehmer*innen ist weiblich.

Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass zum Beispiel die Belegschaft in Krankenhäusern zu 76% aus Frauen besteht. Im Einzelhandel mit Nahrungsmittel arbeiten 72,9% Frauen und in Kindergärten bzw. Vorschulen sogar 92,9%. 

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Das wäre nichts mehr als eine interessante Information, würde in Deutschland nicht ein erheblicher Gender Pay Gap existieren. Das statistische Bundesamt veröffentlichte Zahlen, laut denen Frauen in Deutschland 2019 im Durchschnitt (!) 20% weniger als Männer verdient haben (zum Vergleich: der EU Durchschnitt beträgt “nur” 17%). Dabei existieren eklatante Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland. Während im Westen des Landes der Gender Pay Gap 21% betrug, war er im Osten mit 7% dreimal niedriger.


Gender Pay Gap in Deutschland und in Ost & West; Quelle: Statistisches Bundesamt

Equal Pay Day

Auf diese Ungleichheit macht der Aktionstag Equal Pay Day aufmerksam. Das Datum (17. März in Deutschland) ist kein zufällig ausgewähltes, sondern markiert den Tag, bis zu dem Frauen in einem Jahr umsonst arbeiten, während Männer schon ab 1. Januar Geld bekommen.

NOT SO FUN FACT:
Bis zum 17. März arbeiten Frauen in Deutschland, ohne ein Gehalt dafür zu bekommen.

Die Ursachen

Im Wesentlichen werden in den meisten Studien rund um den Gender Pay Gap drei Hauptfaktoren für die Ungleichheit in der Entlohnung festgestellt:

  1. Frauen fehlen in bestimmten Berufen, Branchen und auf den höheren Stufen der Karriereleiter: Obwohl Frauen heute – statistisch gesehen – besser ausgebildet sind als Männer, ergreifen Frauen noch immer verstärkt frauendominierte Berufe in den Bereichen Erziehung und Pflege und fehlen weiterhin in den MINT-Berufen. Daneben steigen Frauen nicht so häufig auf der Karriereleiter auf wie Männer.
  2. Frauen unterbrechen oder reduzieren ihre Erwerbstätigkeit familienbedingt durch z.B. Elternzeit oder Pflege von Angehörigen häufiger und länger als Männer. Diese „Fehlzeiten“ und darauf folgende Einstiegshemmnisse haben lang nachwirkende Einbußen bei Lohn- und Einkommensentwicklung zur Folge, was sich bis in die Rentenphase niederschlägt.
  3. Frauentypische Berufe sind weiterhin unterbewertet. Aufwertung dieser Berufe heißt nicht nur, die Wahrnehmung des gesellschaftlichen Werts von frauendominierten Berufen zu erhöhen, sondern auch die Bezahlung dieser Berufe zu stärken.

Quelle: http://www.equalpay.wiki/Hauptseite

Gibt es einen Gender Pay Gap im sozialen, bzw. nachhaltigen Bereich?

Leider existiert auch im sozialen, bzw. nachhaltigen Bereich ein Gender-Pay-Gap, der genauso groß ist wie im Gesamtdurchschnitt Deutschlands. Er ist allerdings noch schlimmer, da viel mehr Frauen in dem Sektor arbeiten als Männer. Wenn sich Frauen dafür entscheiden im sozialen Sektor zu arbeiten verlieren sie also doppelt: weil die ganze Branche unterdurchschnittliche Gehälter zahlt und dann noch wegen dem Gender Pay Gap, der ebenfalls existiert.

NOT SO FUN FACT:
"Wenn sich Frauen dafür entscheiden im sozialen Sektor zu arbeiten verlieren sie also doppelt: weil die ganze Branche unterdurchschnittliche Gehälter zahlt und dann noch wegen der Gender Pay Gap, die ebenfalls existiert."

Laut dem Gehaltsreport von tbd* für den sozialen und nachhaltigen Bereich verdienen Frauen im Durchschnitt 20% weniger als Männer im gleichen Bereich. Der Unterschied wird sogar noch größer, je mehr Berufserfahrung man hat. Mit 15 Jahren Berufserfahrung kann eine Frau von einem Durchschnittsgehalt von 52.000 EUR ausgehen. Ein Mann dagegen von 63.000 EUR. Bei der Umfrage waren 66% der Teilnehmer*innen weiblich – das entspricht auch der Aufteilung der Nutzer*innen bei tbd*. Und das bei knapp zwei Millionen Nutzer*innen. Man kann stark davon ausgehen, ist, dass es deutlich mehr Frauen in dem Bereich gibt, die durchschnittlich weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.

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Es muss sich was ändern!

Der Equal Pay Day führt eindrücklich vor Augen, dass sich zwar etwas ändert, wir allerdings noch einen langen Weg vor uns haben. Organisationen wie FAIR SHARE of Women Leaders haben sich die Mission gesetzt, diese Ungleichheit auszugleichen (Interview mit den Gründerinnen hier) und nachhaltig für gerechte Entlohnung zu kämpfen. Dafür, dass es in Zukunft keinen Gender Pay Gap mehr gibt.