"Jede*r kann klettern!"

Interview mit Lena Frank von dem Verein „Ich will da rauf!“.

Teilen
von tbd*, November 13, 2019
Der Verein "Ich will da rauf!"

Der Münchner Verein »Ich will da rauf!« steht für Inklusion durch ein gemeinsames Hobby – Klettern. Seit 2008 organisiert er regelmäßige, betreute Klettergruppen. Mittlerweile existieren schon 14 dieser Art.

Gerade wurde das Team des gemeinnützigen Vereins bei den #BeInclusive EU Sport Awards der Europäischen Komission nominiert. Wir haben das zum Anlass genommen, um Lena Frank, Projektkoordinatorin des Programms „Seilschafft Inklusion!“ des „Ich will da rauf!“ e.V. ein paar Fragen über ihr Wirken und ihre Arbeit zu stellen.

Welche Mission verfolgt ihr bei „Ich will da rauf!“ e.V.?

„Ich will da rauf!“ steht für Inklusion durch ein gemeinsames Hobby – Klettern. Über regelmäßige betreute Klettergruppen bringen wir Menschen mit und ohne Behinderung zusammen und bauen dadurch Berührungsängste und Vorurteile ab. In den Klettergruppen spielt es keine Rolle, ob jemand eine Behinderung hat oder nicht. Wir klettern gemeinsam. Und zwar unabhängig von Behinderung, Alter, Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung oder Religion. Bei uns sind alle willkommen.

Bild: Beim Klettern.

Wie sieht das genau aus?

Wir klettern in festen Gruppen mit 6-8 Teilnehmenden. Diese werden von je einem/einer Klettertrainer*in und einem Ehrenamtlichen geleitet. Unsere Kletternden sind zwischen 6 und 83 Jahre alt, und ungefähr die Hälfte von ihnen hat eine Behinderung. Dabei sind die Behinderungen von körperlichen Behinderungen über chronischen Krankheiten bis hin zu kognitiven Beeinträchtigungen, sehr vielfältig. Bei uns klettern Teilnehmer*innen mit Epilepsie, Multiple Sklerose, Autismus, Trisomie 21 oder Muskeldystrophie. Und sie alle zeigen: Jede*r kann klettern!


Bild: Das Team von "Ich will da rauf!" e.V. in Action.

Was hat es mit dem Programm „Seilschafft Inklusion!“ auf sich?

Nachdem wir nun seit 11 Jahren in München inklusiv klettern, ist es an der Zeit unsere Erfahrungen in der Arbeit mit inklusiven Klettergruppen zu teilen. Denn wir finden: Auch in anderen Städten sollen Menschen mit und ohne Behinderung die Möglichkeit haben, gemeinsam die Freude am Klettern zu entdecken.

Durch das Programm „Seilschafft Inklusion!“ unterstützen und befähigen wir Akteur*innen im deutschsprachigen Raum selbst inklusive Klettergruppen aufzubauen. Programmteilnehmer*innen - wir nennen sie auch Netzwerkpartner - werden individuell und kontinuierlich betreut und bekommen Zugang zu einem Sicherheitskonzept, sowie einem Leitfaden für die Umsetzung von inklusiven Klettergruppen. Den Trainer*innen und Ehrenamtlichen der Netzwerkpartner bieten wir zudem Workshops zum Thema Inklusion und Sicherheit an.

Besonders wichtig ist uns auch der Austausch: denn so vielfältig die Menschen in den inklusiven Klettergruppen sind, so vielfältig sind auch die Herausforderungen vor Ort und so kreativ können die Lösungen sein. Deshalb wollen wir ein Netzwerk aufbauen in dem wir Erfahrungen austauschen, voneinander lernen und Inklusion gemeinsam voranbringen!

An wen richtet sich das Programm? Wer kann mitmachen?

An dem Programm können Vereine und Privatpersonen teilnehmen, die sich für das Thema Inklusion und Klettern begeistern und Lust haben, ein Kletterangebot für Menschen mit und ohne Behinderung auf die Beine zu stellen! Auch bestehende Sport- und Klettervereine, die in Zukunft inklusiv klettern wollen oder Kletterinitiativen, die bereits inklusiv klettern, können Teil des Netzwerkes werden.

Wie passen Inklusion und Klettern für euch zusammen?

Klettern ist für uns der ideale Sport für inklusive Gruppen. Viele unserer Teilnehmer*innen könnten nicht Fußball spielen oder Fahrrad fahren, aber sie schaffen es eine 15 Meter hohe Kletterwand hinaufzuklettern. Alleine das ist wahnsinnig toll. Zudem genießen wir das gemeinsame Erlebnis: wir sind in den Klettergruppen gemeinsam an der Wand, aber jede*r kann in seinem/ihrem selbst gewählten Schwierigkeitsgrad und Tempo klettern.

So fördert Klettern das Selbstvertrauen und Kletternde lernen selbstbestimmt ihre eigenen Grenzen kennen. Diese Erfahrungen können dann auf den Alltag übertragen werden. Gerade bei Menschen mit Behinderung ist diese Erfahrung wichtig, denn ihnen wird oft wenig zugetraut. Auch die körperliche Komponente, wie das Verbessern von Kraft und Koordination ist beim Klettern ein wichtiger Bestandteil. Aber vor allem steht bei uns der Spaß und das natürliche Miteinander im Vordergrund. Denn jede Seilschaft besteht aus zwei Kletternden, die sich gegenseitig sichern und vertrauen.

Welche Pläne und Ziele habt ihr für die Zukunft?

Wir sehen uns als Inklusionsbotschafter. Und als Kletterverein, dessen Teilnehmer*innen diverser nicht sein könnten, wollen wir vermitteln: Die Vielfalt in unseren Gruppen ist nicht nur normal, sie ist auch bereichernd und sie macht Spaß! Mit diesem Verständnis wollen wir ein Netzwerk im deutschsprachigen Raum aufbauen.

 
Ihr wollt Netzwerkpartner werden oder mehr über die „Seilschafft Inklusion!“ erfahren? Dann kontaktiert Lena Frank gerne unter lena.frank@iwdr.de oder seilschafft@iwdr.de