Wie geht es Dir? Gut genug, um Gutes zu tun?

Burnout, Depressionen und Altersarmut sind im nachhaltigen, bzw. sozialen Sektor überdurchschnittlich vertreten. Doch es gibt jetzt ein Projekt, das dies ändern möchte.

SHARE
by Joana Breidenbach, April 17, 2019
Frau nimmt sich Zeit für sich selbst

Gerade die Menschen, die anderen helfen und sich für eine gesündere, nachhaltige und solidarische Zukunft einsetzen, gehen oft auf dem Zahnfleisch. Sie leiden überdurchschnittlich an Burnout, Depressionen und Altersarmut. Um diesen alarmierenden Trend umzukehren, brauchen wir eine neue Kultur im sozialen Sektor: eine Kultur, die Sozialunternehmer, Changemaker und Engagierte in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ihrer Arbeit unterstützt. Genau dies wollen wir in einem großen Projekt in Berlin umsetzen. Und brauchen dafür Eure Geschichten, Ideen und Kontakte!

Der Bedarf — Alarm!

Die Statistiken kenne ich schon länger: Bis zu 55% aller Gründer und Mitarbeiter zivilgesellschaftlicher Organisationen (Sozialunternehmen, Aktivisten, NGOs) berichten von Burnout und Depressionen. Bis zu 75% konsumieren regelmäßig Alkohol oder Drogen um von ihrem Stress runterzukommen. Bis zu 70% wünschen sich professionelle Unterstützung für ihr eigenes Leben.

Statistiken sind das eine. Doch im Laufe der letzten Jahre sind mir immer mehr Menschen begegnet, die hinter den Zahlen stehen. Wie die hochmotivierte Mitarbeiterin eines Sozialunternehmens, die dem Druck nicht mehr stand hielt und von einem Tag auf den anderen ihren Job hinwerfen musste. Der Vorstand einer Non-Profit, der schon zweimal ins Burnout lief. Die Gründerin, die unter chronischem Stress und Schlaflosigkeit leidet. Dem Engagierten, der sein Leben lang soziale Ausgrenzung bekämpft hat und nun selbst von Altersarmut bedroht ist.

Die Folgen: viel individuelles Leid, hohe Gesundheitskosten und verringerte soziale Wirksamkeit. Denn Organisationen, deren Mitarbeiter psychisch belastet sind, sind weniger kreativ und leistungsfähig. Zudem sind sie weniger offen für Kollaborationen —aber gerade die Fähigkeit mit anderen zusammenzuarbeiten ist wichtig um Wirtschaft, Politik und Gesellschaft nachhaltig positiv zu verändern.

Die Antwort — Selbstfürsorge und Wellbeing

Aus internationalen Projekten wie dem Wellbeing Project wissen wir, dass Changemaker sehr davon profitieren, wenn sie sich ausreichend um ihr eigenes Wohlbefinden kümmern können. Um psychisch gesund und innerlich ausgeglichen zu sein, müssen wir wissen, wer wir sind und was wir brauchen. Vor allem müssen wir in der Lage sein zwei menschliche Grundbedürfnisse auszubalancieren: unser Bedürfnis nach Sicherheit und Zugehörigkeit auf der einen Seite und unseren Wunsch nach Selbstausdruck und Wandel auf der anderen.


Unsere Grundbedürfnisse: Sicherheit und Selbstausdruck, Keks Ackermann CC BY-NC

In der Wirtschaftswelt gehören Seminare und Coachings zur Persönlichkeitsentwicklung und (Selbst)Führung wie Leadership Circle oder Myers&Briggs mittlerweile zum Standard. Zudem investieren immer mehr Unternehmen in Mindfullness und Emotional Intelligence Programme á la Search Inside Yourself.

Auch in Non-Profit Organisationen ist der Bedarf an Persönlichkeitsentwicklung und Führungsqualitäten riesig. Doch stehen dafür gerade mal 0,03% der jährlichen Ausgaben zur Verfügung. In der Privatwirtschaft sind es 4x so viel.

Das wollen wir ändern!

Ein Wellbeing-Programm im Haus der solidarischen Zukunft
Gemeinsam mit Sebastian Baier und Jan Stassen vom cocreation.loft arbeite ich seit einigen Wochen an dem Konzept für ein umfassendes Wellbeing-Programm für das neue Haus der solidarischen Zukunft (Arbeitstitel) in Berlin Kreuzberg. Ab Sommer 2019 werden dort Sozialunternehmern, Aktivisten, Vereinen und NGOs, 3.000 Quadratmeter sehr kostengünstig zur Verfügung stehen.

Wäre es nicht fantastisch, wenn zivilgesellschaftliche Akteure neben gut ausgestatteten Räumen für Konferenzen, Workshops, Meetings und Co-Working, auch ein qualitativ hochwertiges Programm zur Persönlichkeitsentwicklung erwarten würde? Ein Programm, welches ihnen hilft sich selbst besser wahrzunehmen und zu reflektieren? Sie befähigt mit Stress und Spannungen konstruktiver umzugehen? Sie dabei unterstützt klarer zu kommunizieren und konfliktfähiger zu werden?

Unser Konzept geht davon aus, dass ein Team von ausgewählten Coaches und Therapeuten für Workshops, Einzelsessions und Peer2Peer Formate zur Verfügung steht. Regelmäßige Meditationen, Körperarbeit und inspirierende Vorträge runden das Programm ab.

Parallel dazu möchten wir mit dem betterplace lab auf der Metaebene erforschen wie individuelle innere Arbeit, Lebensqualität und soziale Wirksamkeit zusammen hängen. Was wir lernen, soll breit und gut medial kommuniziert werden, damit andere davon profitieren können.

Und jetzt zu Dir

Bislang existiert das Wellbeing Programm nur in unseren Köpfen. Jeder von uns hat zwar tiefgreifende eigene Erfahrungen in dem Bereich gemacht und kann auf ein herausragendes Netzwerk zurückgreifen. Aber wir brauchen Menschen, die die Vision unterstützen wollen — mit ihren eigenen Geschichten, Ideen und Geld.

In den nächsten Wochen und Monaten werden wir all dies sammeln und Du kannst uns dabei helfen.

Mach HIER mit bei unser super kurzen Umfrage.

Mach mit, wenn Du das Thema wichtig findest, denn nur so kommt es auf den Radar der allgemeinen Öffentlichkeit. Was sind Deine Erfahrungen mit den Herausforderungen im sozialen Sektor? Wie ergeht es Dir? Was ist schwierig und was hilft? Was wünscht Du Dir für Dein eigenes Leben und Wirken? Kennst Du Personen oder Institutionen, die ein Wellbeing Programm finanziell anschieben könnten? Welche innovativen Geschäftsmodelle könnten funktionieren?

Zur Umfrage

Falls Du Umfragen hasst, kannst Du auch gerne hier einen Kommentar auf medium posten oder mir eine E-Mail an jb(@)betterplace.org schreiben. DANKE!

 

Dieser Artikel erschien zunächst auf Joana Breidenbach's Medium Seite. Du kannst ihn hier lesen!