Social Enterprise heißt nicht gleich Impact

Meike Franck, Teilnehmerin des On Purpose Associate-Programms, über ihren Wunsch nach mehr gesellschaftlichem Mehrwert in ihrer Arbeit.

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von Anastasia Sauer, March 15, 2018
Meike Franck, On Purpose Fellow

Das Associate-Programm von On Purpose ist eine einzigartige Möglichkeit deine Karriere umzukrempeln. Es zeigt zum einen die Bandbreite auf, mit welcher Unternehmertum und soziale Wirkung verbunden werden kann. Zum anderen kann es konkrete Karrierewege nahe bringen, die zu einer Arbeit führen, mit der du die Welt jeden Tag ein bisschen besser machst. Um mehr über dieses Programm zu erfahren, haben wir von tbd* Meike Franck, eine Associate, interviewt. Sie erzählt von ihren Eindrücken, Social Entrepreneurship, Impact und wie es danach für sie weitergehen soll.

"Ob sich eine Organisation selbst als „social enterprise“ bezeichnet oder nicht, ist erstmal unabhängig vom tatsächlichen positiven Impact."

Aus welchem Grund hast du dich dazu entschlossen am Associate Programm von On Purpose teilzunehmen?

Mein ehemaliger Job hat mir inhaltlich eigentlich Spaß gemacht. Aber nach fast 4 Jahren hatte ich im Unternehmen keine interessanten Möglichkeiten mehr, mich weiter zu entwickeln. Ich wollte mich also beruflich verändern, um Neues zu lernen und ich wollte meine Arbeitszeit gerne in eine Tätigkeit investieren, die einen gesellschaftlichen Mehrwert schafft und mich mit Menschen zusammenbringt, die ihren Job nicht nur wegen des Geldes machen, sondern motiviert sind, einen Beitrag zu leisten und sich ähnliche Fragen stellen wie ich.

Was hast du bis jetzt als Associate des Programms erlebt? Wo wurdest du eingesetzt?

Bei On Purpose durchläuft man innerhalb des 1-jährigen Programms zwei projektbasierte Arbeitseinsätze, um verschiedene Organisationen des Dritten Sektors kennenzulernen. In meiner ersten Station war ich bei einem Finanzdienstleister, der sich auf Nachhaltigkeit & Impact Investment umgestellt hat. Ich habe das Team in dieser strategischen Neuausrichtung unterstützt. Ich komme aus der Kommunikation und der Organisationsentwicklung, von daher konnte ich mit Workshop-Formaten, Strategiemethoden und Change Kommunikation sinnvoll unterstützen. Dabei habe ich viel über den Hebel Geld gelernt, um die UN-Sustainable Development Goals umzusetzen. Aber auch, dass ich im Kleinen einen Beitrag leisten kann und mein eigenes Geld z.B. in Form von Aktien in nachhaltig wirtschaftende Unternehmen oder in Microfinance Fonds investieren kann.

"Ein Schlüsselmoment war meine erste Konferenz mit lauter Vertretern des sozialen Sektors: Es war bunt, jung, entspannt und eine gute Mischung von Frauen und Männern. Das war neu."

Meike Franck, Associate bei dem On Purpose Leadership Programm

In meinem zweiten Einsatz war ich bei Mobisol in der Human Resources-Abteilung. Mobisol vertreibt Solar Home Systeme in Ostafrika, um Menschen Zugang zu sauberer und nachhaltiger Energie zu verschaffen. Hier habe ich gelernt, was für eine komplexe Herausforderung es ist, ein nachhaltiges Geschäftsmodell mit sozialem Impact zu verknüpfen.

In welchen Bereichen oder Unternehmen warst du vorher tätig? Wie sehr unterscheidet sich deine vorherige Arbeit von deiner jetzigen?

Ich habe vorher in einem der großen deutschen Verlag für Schulbücher und Bildungsmedien in der Organisationentwicklung gearbeitet und zuletzt für eine britische Unternehmensgruppe im Bereich Kommunikation und Training für Compliance & Antikorruptionsprogramme.

An sich zwei Unternehmen, die thematisch ebenfalls einen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Interessanterweise wurde mir im Laufe des On Purpose-Jahres deutlich: Ob sich eine Organisation selbst als „social enterprise“ bezeichnet oder nicht, ist erstmal unabhängig vom tatsächlichen positiven Impact. An sich war ich überrascht, wie wenig sich doch der Arbeitsalltag in meinen Placements von meinen vorherigen Arbeitgebern unterscheidet. Ein Unternehmen – ob explizit mit „social“-Ausrichtung oder nicht – nutzt natürlich ebenfalls Excel, Powerpoint & Co und Aufgaben müssen abgearbeitet werden. Die Frage ist dann eher, ob man selbst eine stärkere Motivation empfindet, wenn man weiß, in welche Vision man seine Arbeitszeit investiert.

Welche „Aha-Momente“ oder Erkenntnisse konntest du für dich schon mitnehmen?

Letztendlich definiert jeder „Sinn“ für sich anders. Das heißt, ich musste erstmal für mich definieren, was für mich sinnvoll ist und welche Themen mich begeistern.

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Auch das Thema Impact-Messung treibt mich um. Viele Sozialunternehmen oder auch NGOs haben tolle Websites, schöne Bilder und super Geschichten. Das heißt aber nicht unbedingt, dass unterm Strich wirklich alles, was sie tun, Sinn macht und nüchtern betrachtet tatsächlich positiven Impact hat bzw. wie effizient die Organisation ihre Mittel einsetzt, um Wirkung zu erzielen. Außerdem ist „Impact“ oft sehr schwer messbar oder wird auch gerne mal positiver dargestellt, als er tatsächlich ist. „Die Welt retten“ ist unglaublich komplex und diese Komplexität fängt man erst langsam an zu begreifen, wenn man in ein Thema eintaucht.

Eine etwas ernüchternde Erkenntnis ist, dass man in einer Organisation mit einer inspirierenden Mission arbeiten kann, wenn man aber tagtäglich an Aufgaben sitzt, die einem nicht liegen und man die eigenen Stärken nicht einsetzen kann, wird man trotz Sinn im Hintergrund nicht unbedingt glücklicher im Job. Die Mischung aus Aufgabenbereich, Team, Mission und auch einem Gehalt, von dem man leben kann, macht´s.

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Ein Schlüsselmoment war meine erste Konferenz mit lauter Vertretern des sozialen Sektors: Es war bunt, jung, entspannt und eine gute Mischung von Frauen und Männern. Das war neu. In meinem alten Job war ich meist eine der Jüngsten und eine der wenigen weiblichen Teilnehmer in Mitten von vielen grauen Anzügen. Somit war das ein schöner Moment: Ich passte hier sofort rein und Gespräche fanden auf Augenhöhe statt.

Das Programm klingt sehr vielversprechend, was die Weiterbildungs- und Entwicklungspotentiale angeht. Was ist dein Eindruck als Teilnehmer*in?

Das On Purpose-Programm besteht neben den beiden 6-monatigen Arbeitseinsätzen aus wöchentlichen Fortbildungen mit den anderen Associates, sowie regelmäßigem Mentoring und Coaching. Der Aspekt der persönlichen Entwicklung wird großgeschrieben. Als besonders bereichernd habe ich auch die neuen Freundschaften mit den anderen Associates empfunden. Es ist toll, auf eine Gruppe von engagierten Menschen zu treffen, die sich ähnliche Gedanken, wie man selbst an das Leben und den Beruf stellen. Ich habe wundervolle neue Freundschaften geknüpft, die weit über die Programmzeit hinausgehen werden.

Fühlst du dich gut darauf vorbereitet, im sozialen Sektor durchzustarten?

Ein klares Jein. Ich habe über viele neue Themen gelernt und dadurch wurde mir wieder mal klar, wie wenig ich weiß. Ich war von Gründern inspiriert, die Ihre Vision vorgestellt haben. Und wir haben als Associates wilde Diskussionen geführt. Letztendlich ist der soziale Sektor ein weites Feld, jede Organisation tickt anders und eine NGO unterscheidet sich auch wieder von einem Sozialunternehmen. Aber ich denke, egal, wie es beruflich für mich weitergeht, ich bringe mehr Wissen, Ideen, Kontakte und Selbstreflektion mit als vorher. Und durch die Projekteinsätze habe ich gemerkt, wie schnell ich mich in völlig neue Sachgebiete einarbeiten kann. Ich weiß noch genauer, was ich kann und dass man überall etwas im direkten Umfeld bewegen kann, und wenn es nur ganz kleine Veränderungen sind, die man anstößt.

Weißt du schon, wie es nach dem Jahr weitergehen soll? Hast du jetzt neue berufliche oder auch persönliche Ziele?

In wenigen Wochen endet das Programm und ich nehme mir zwei Monate Auszeit. Es war ein sehr intensives, herausforderndes und bereicherndes Jahr und ich möchte erst einmal durchatmen und den vielen Input verdauen.

Beruflich stehe ich kurz vor einer Entscheidung und es wird spannend weitergehen.

Welchen Rat würdest du einer Person geben, die eine berufliche Veränderung anstrebt?

Nimm dir Zeit, dir selbst eine Reihe von Fragen zu stellen: Was stört dich in deiner aktuellen beruflichen Situation? Was wünschst du dir? Kennst du Menschen, die dort arbeiten, wo du hinmöchtest? Dann stelle viele Fragen und versuche, einen kleinen reality check durchzuführen. Ich habe für mich gemerkt, dass ich teils sehr unrealistische Erwartungen und Vorstellungen davon hatte, wie sich arbeiten im Sozialen Sektor anfühlen würde. Denn überall arbeiten Menschen mit ihren Stärken und Schwächen, guten und schlechten Tagen, überall findet man nette Kollegen und genauso Menschen, die man sich nicht selbst ausgesucht hätte. Und dort, wo Menschen mit starken Überzeugungen und Werten zusammentreffen, kann Erstaunliches entstehen und gleichzeitig heftige Konflikte ausgetragen werden, weil starke Charaktere zusammenkommen und Menschen dann auch ausbrennen und sehr frustriert sein können, wenn sie viel Herzblut in ihre Überzeugungen investiert haben und es nicht in die gewünschte Richtung voran geht oder die Initiative nicht die nötige Finanzierung findet.

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Man sollte sich auch im Klaren sein, dass die Gehälter meist niedriger sind und die Büros nicht unbedingt top-ausgestattet in den Top-Lagen der Stadt zu finden sind. Man muss sich selbst fragen: Was ist mir wichtig und wie viel brauche ich, um ein „gutes Leben“ zu führen? In einem Vortrag der Stiftung für effektiven Altruismus haben wir gelernt, dass wir ungefähr 80.000 Stunden im Leben im Job verbringen. Daher ist es definitiv ein On Purpose-Jahr wert, sich darüber Gedanken zu machen, wie man diese Zeit verbringen will.

Letztendlich würde ich sagen: Probiere es aus! Jeder muss seine eigenen Antworten finden und jede Erfahrung macht reicher.

Hast du auch Interesse an einem Karrierewechsel zu mehr Social Impact? Die aktuelle Ausschreibung für das Leadership-Programm findest du hier.