Im Bus ein neues Tech Unternehmen gründen

Mit Ampion sind wahrer Impact und bedarfsorientierte Tech-Innovationen in Afrika nur eine Busfahrt entfernt.

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von Julia Wegner, January 3, 2017
ampion-venture-bus

ursprünglich erschienen: 07.01.2016

Mit dem Bus durch die Länder Afrikas fahren und dabei die neue Generation von (sozial) UnternehmerInnen kennenlernen und fördern? Ampion Gründer Fabian Guhl erzählt wie dieser Traum wahr geworden ist. 

Frisch aus dem Strategie-Gesprächen gerissen, berichtet er uns im Interview wie Ampion so viele hochkarätige Partnerorganisationen gewinnen konnten, wie sie die Finanzierungslücke für Start-Ups in Afrika schließen wollen und was Impact im Ampionkontext eigentlich heißt. Die Devise: einfach mal loslegen! Also dann - einfach mal loslesen!

Woher kommt Deine persönliche Motivation für Ampion?

Bis es zu der Gründung von Ampion kam, habe ich mehrere Stationen durchlaufen. Station 1 waren, noch während meines Studiums, zwei sechsmonatige Praktika im öffentlichen Sektor und der Entwicklungskooperation, weil ich mich damals für einen Karriereweg bei internationalen Organisationen interessiert habe und durch meine Arbeit einen positiven Einfluss auf die Welt haben wollte. Dort habe ich aber relativ schnell gemerkt, dass ich effektiv nicht so viel so umsetzen konnte, wie ich wollte.

Deshalb habe ich selbst, als zweite Station, ein Sozialunternehmen gegründet, bei dem Schuhe nachhaltig von Gefängnisinsassen produziert wurden. Da diese Produktionskooperation aber leider relativ schwierig war und ich mich auch nicht wirklich für Mode interessierte, habe ich mich nochmal anderweitig umgeschaut.

Die dritte Station war dann die klassische Startup-Szene. Ich habe bei einem großen Gutscheinportal gearbeitet, war bei einem Business-Angel, habe ein Startup geleitet und dann mein Eigenes gegründet und war zwischendurch auch mal bei einem großen Unternehmen der Digitalwirtschaft.

Letztendlich bin ich dann zu Ampion gekommen, weil ich nach den Jahren im klassischen Startup-Bereich gemerkt habe, dass mir der soziale Impact fehlt. Bei Ampion habe ich genau diese Schnittstelle vorfinden können.

Wie kam die Ampion Venture Bus Idee zustande?

Wir haben 2010 den Gründerbus zunächst in Deutschland aufgesetzt. Mit 40 jungen Leuten sind wir durch die deutschen Großstädte getourt, um Vorort Interessierten das Thema Gründung näher zu bringen. Es gab ein Curriculum, bei dem verschiedene Stationen abgefahren wurden. Zum Beispiel ein Venture Capital Unternehmen, Rechtsanwälte, Design- und IT-Unternehmen. Mehrheitlich haben die TeilnehmerInnen Teams geformt und parallel an Startup Ideen gearbeitet.

Dieses Konzept haben wir dann skaliert. Im Folgejahr gab es bereits in sechs europäischen Ländern parallel Gründerbustouren, die sich dann alle bei einer großen Konferenz in Paris getroffen haben. Die Expansion nach Afrika war dann der nächste logische Schritt, da es sowohl von der Zeitzone, den Sprachen und den Netzwerken her passte und auch impact-mäßig haben wir natürlich gehofft dort etwas leisten zu können.

Wir haben dann recht unkonventionell mit einem Team von Freiwilligen, das den ersten Bus von Simbabwe nach Südafrika organisiert hat, angefangen und wurden dabei von BewerberInnen aus der ganzen Welt überrannt. In Piloten haben die TeilnehmerInnen in Kick-off-Workshops ihre Ideen präsentiert, sich in Teams zusammen gefunden, dann jeden Tag an einem anderen Innovations-Hub angehalten, dort die Ideen der Teams vorgestellt, lokal Feedback eingesammelt und am Ende, auf der großen Abschlusskonferenz AfricaCom Investoren die entstandenen Ideen präsentiert. Schön war auch, dass es so ein großes Presseecho gegeben hat.

Was macht Ampion im Vergleich zu Konkurrenten aus?

Es gibt natürlich andere Player, die eine ähnliche Arbeit machen, von denen die meisten jedoch nicht pan-Afrikanisch sind. Durch die Mobilität unseres Konzepts sind wir nicht nur in den Hauptstädten, sondern auch in ländlichen Regionen vertreten.

Um das weiter zu fördern haben wir unser Konzept in diesem Jahr auch nochmal weiter entwickelt und Design-Thinking als Methodologie eingeführt. Design-Thinking basiert sehr stark auf Recherche, potentieller Kundenbefragung und dem Fokus Lösungen von realen Problemen vor Ort abzuleiten. Die ersten drei Tage der siebentägigen Reise sind also der Feldforschung in ländlichen Regionen gewidmet. Hier sprechen die TeilnehmerInnen mit Personen, die sich in dem jeweiligen Fachgebiet auskennen, erarbeiten welche Probleme es gibt und wie diese digital gelöst werden können. In Namibia und Botswana haben wir beispielsweise mehrere Farmen besucht, um digitale Lösungen zu entwickeln, die die Effizienz der Landwirte erhöht.

Darüber hinaus haben wir auch Sektorenschwerpunkte gelegt. Dieses Jahr zum Beispiel haben wir in Nordafrika an GreenTech Innovationen gearbeitet, in Westafrika an FinTech, im südlichen Afrika an AgriTech und an Hardware und in Ostafrika E-Health Innovationen.

Letztlich unterscheidet uns noch unsere neuste Erweiterung von den Konkurrenten: dem Ampion-Fellowship Programm. Dieses ermöglicht den besten Startups aus dem Ampion Venture Bus auch mittelfristig durch inhaltliches Mentoring unterstützt zu werden. Es gibt ein Curriculum bei dem online über MOOCs und E-Learning Lerninhalte vermittelt werden. Außerdem gibt es zwei Bootcamps, in dem die Teilnehmer sich treffen sowie Arbeitsplätze die Ihnen bei Innovations-Hubs vor Ort zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus werden sie zu verschiedenen Wettbewerben, Konferenzen und Investorenrunden eingeladen.

Wie findet Ihr Eure vielen Partner und Sponsoren?

Die meisten Projekte sind Public-Private Partnerships. Das heißt, auf der einen Seite wir werden finanziell durch den öffentlichen Sektor, also verschiedene Ministerien und Regierungsagenturen unterstützt. Zum Beispiel arbeiten wir eng mit dem Wirtschaftsministerium zusammen, aber natürlich auch mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und der GIZ. Außerdem kooperieren wir mit internationalen Organisationen wie UNDP, der OSIWA-Stiftung und weiteren ICT- Entwicklungsorganisationen. Der öffentliche Sektor hat also zum Großteil schon verstanden, dass man durch die enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft durch ICT und Jungunternehmertum im Bereich Entwicklungszusammenarbeit viel bewegen kann.

Auf der anderen Seite ist es uns auch wichtig mit dem privaten Sektor zusammenzuarbeiten. Unsere Hauptpartner sind Merck, SAP, Microsoft und verschiedene afrikanische Telekommunikationsunternehmen. Sie haben ein Interesse daran, möglichst nah an Innovation in Afrika zu sein. Bei uns sind sie sogar so nah dran, dass sie die Startups von Anfang an begleiten können. Das heißt wir arbeiten in der Regel nicht mit der CSR-Abteilung, sondern mit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Firmen zusammen.

Ampion in Akfrika 1

Und wie sieht das Finanzierungsmodell von Ampion aus?

Angefangen habe ich beim ersten Bus noch ehrenamtlich. Wir haben das Geld dann über Crowd-Funding und Sponsoren eingesammelt – wir hatten sogar eine große afrikanische Telekommunikationsfirma als Sponsor dabei.  Nach dem ersten Erfolg haben wir gemerkt, dass das Sinn und auch Spaß macht, und uns entschlossen eine Non-Profit Organisation zu gründen und Vollzeit einzusteigen.

2014 haben wir dann schon auf 4 Busse in 13 Ländern skaliert. Das war logistisch schon eine recht große Herausforderung, da sich die Komplexität stark erhöhte: mehr BewerberInnen, mehr lokale Partnerschaften, ein größeres Team, mehr Sponsoren.

Was bedeutet denn Impact für Dich und Ampion?

Die intrinsische Motivation ist uns bei der Auswahl unserer TeilnehmerInnen besonders wichtig. Es gibt auf der Impact-Skala jedoch verschiedene Extreme. Die Einen würden sagen, dass jedes Unternehmen in das Jobs in Afrika schafft ein Sozialunternehmen ist. Andere sehen das vielleicht eher anders und fokussieren sich nur auf Impact relevante Bereiche, wie zum Beispiel das Gesundheitswesen.

Ich würde Ampion da eher in der Mitte positionieren. Bei einigen Startups ist es sehr klar, dass sie über Arbeitsplätze hinaus einen Impact schaffen. Bei anderen Modellen würden wir ganz klar nein sagen. Prinzipiell ist unser Traumstartup eines, dass das Potential hat, das Leben von über 100 Millionen Menschen zu verändern und gleichzeitig Profite macht.

Hast Du ein Lieblingsprojekt aus den bisherigen Ampion Touren?

Es gibt ein relativ junges Startup von Jungunternehmerinnen aus Marokko, die ein Armband entwickeln, dass Frauen vor Übergriffen schützen soll. Wenn Du angegriffen wirst, wird ein Sensor betätigt und eine SMS an die Familie oder Polizei gesendet. Das ist für mich ein gutes Beispiel, da es in der westlichen Welt zwar schon Apps gibt, die Ähnliches leisten, aber hier wurde die Technologie an regionale Umstände angepasst und gleichzeitig ein sehr reelles Problem angegangen.

Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Wie sieht Eure Zukunftsplanung aus?

Auf der einen Seite möchten wir natürlich die Qualität der Programme weiter erhöhen. Das bezieht sich vor allem auf die Nachhaltigkeit. Es ist für uns also besonders wichtig im nächsten Jahr möglichst viele Startups in unser Fellowship Programm aufzunehmen.

Außerdem sind wir offen für eine Expansion über Afrika hinaus, in andere spannende Märkte. Das hängt natürlich von den Partnern ab, die wir an Bord holen können.

Auf der anderen Seite, gehen wir das Thema Startup Finanzierung an. Startups scheitern zum einen an dem fehlenden Know-how. Andererseits scheitert es auch oft an der fehlenden Finanzierung. Neben unseren Capacity-Programmen wollen wir uns jetzt also auch um die Finanzierung von Start-Ups in Emerging Markets kümmern.

Dafür können wir auch als NGO von unserer wirtschaftlichen Nähe profitieren, da wir nicht nur von Stiftungen und CSR-Abteilungen, sondern eben auch von Firmen und Investoren, angesprochen werden. Investoren wollen uns unterstützen – aber eben nicht für Capacity-Building-Programme sondern durch Investitionen. Für solche Investoren Möglichkeiten zu schaffen liegt auch im Interesse unserer Mission, denn ich glaube auch Profit ist in dem Bereich, in dem wir uns befinden, durchaus sehr sinnvoll.

Was unterscheidet Ampion von herkömmlicher Entwicklungszusammenarbeit?

Wir arbeiten natürlich auch im weitesten Sinne in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ), unterscheiden uns aber von traditionellen Entwicklungshilfsorganisationen vor allem dadurch, dass wir selber einen unternehmerischen Hintergrund haben und dementsprechend arbeiten. Das heißt, wenn es um neue Projekte geht, dann fangen wir einfach erstmal an. Da wird nicht lange geredet, und es kommt nicht auf die mögliche Finanzierung oder bestimmte politische Richtlinien an. Wir sind komplett unabhängig und haben uns die Partner selbst zusammen gesucht.

Dass die klassische EZ große Defizite aufweist, hat sich bei den meisten Menschen rumgesprochen. Ich glaube beispielsweise nicht daran Menschen einfach nur Geld oder Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Dadurch macht man mehr kaputt als man schafft und stellt vor allem eine Abhängigkeit her. Und ich denke, beziehungsweise hoffe natürlich, dass Programme wie unsere Hilfe zur Selbsthilfe leisten und dadurch auch einen größeren Impact schaffen können.

Was waren in den letzten Jahren Eure drei größten Hürden, und wie habt Ihr sie überkommen?

Die erste Hürde war einfach mal zu starten. Man hat vielleicht einen Plan aber traut sich dann doch nicht. Es braucht also eine Initialzündung. Da sind vertraute PartnerInnen und Mentoren wichtig, die einem den Mut geben können.

Die zweite Hürde war es, in dem großen Team von Menschen die und unterstützen wollen, diejenigen zu identifizieren, die sich auch wirklich einbringen wollen. Man kann heutzutage mit einem spannenden Thema, was Impact verspricht, schnell, viele UnterstützerInnen finden. Man muss allerdings darauf schauen wer wirklich Vollzeit dabei ist, und wer nur eine Woche nach Südafrika fliegen oder sich profilieren möchte. Bei uns lief das im Endeffekt über Trial and Error. Die Menschen sollten sich beweisen bevor Verträge unterschrieben und Entscheidungsbefugnisse abgegeben werden. Außerdem sollte man sich Leute ins Boot holen die wirklich bei dem Unternehmen arbeiten möchten und einen Impact schaffen wollen. Andere werden meistens nicht glücklich, denn es muss viel gearbeitet werden und gibt nicht viel Geld. 

Die dritte größere Hürde ist sich nach den ersten paar erfolgreichen Jahren strategisch weiter zu entwickeln. Wenn das erste Ziel also erreicht ist, müssen Neue gesetzt werden. Das ist spannend und positiv aber auch eine Herausforderung.