Mach mal Pause

Wieso sind Pausen Teil der Arbeit und wie können sie effektiv genutzt werden?

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von Soraida Velazquez Reve, May 8, 2024
Meditation, Frau

So wichtig sie sind, werden sie gern übergangen - Pausen.

In vielen Arbeitskontexten wird „nur mal schnell noch“ das eine oder andere fertig gestellt, die vermeintliche Pause innerlich mit den vorherigen Aufgaben oder den kommenden gefüllt oder ein weiteres Meeting hineingeplant. Neben biografischen Motivationen ist auch der weit verbreitete Anspruch harter Arbeit eine Ursache für die Vernachlässigung von Pausen.

Vielleicht kennst Du Gedanken wie: “Wenn ich jetzt eine Pause mache, dann arbeite ich nicht genug.”, “Was denken die anderen von mir, wenn ich mich einfach so ausruhe.”,  “Eine Pause muss ich mir erst verdienen.”, oder “Wenn ich eine Pause mache, dann bin ich faul.”. Vielerorts wird beklatscht und gewürdigt, wer Überstunden macht, überengagiert ist und so leidenschaftlich arbeitet, dass Pausen hinten anstehen. Doch ist das notwendig, um gute Arbeit zu leisten? Ist es nicht eher so, dass bei Berücksichtigung unserer normalen Aufnahmefähigkeit Pausen hilfreich sein könnten, um die Leistungsfähigkeit und Arbeitsqualität zu verbessern? Was meinst Du? 

In verschiedenen Coaching- und Therapiesettings war es immer wieder spannend zu beobachten, dass unklar zu sein schien, was eigentlich mit „Pause machen“ gemeint ist, wofür sie hilfreich sein soll und wie diese aussehen kann. Dieser Text soll Dich darin unterstützen, Deine Antworten auf die Fragen zu finden, Deinen Umgang mit Pausen zu untersuchen und an Deinen Bedarf anzupassen. 

Was sind Pausen und wofür sind sie hilfreich?

Eine erwachsene Person kann sich im Durchschnitt ca. 90 Minuten konzentrieren. Das bedeutet, dass im Durchschnitt bereits nach 90 Minuten eine kurze Pause im Sinne unserer eigenen Rahmenbedingungen wäre. Zu beachten bleibt, dass diese Konzentrationsfähigkeit durch psychische Belastungen oder Faktoren wie beispielsweise fortgeschrittenes Alter auch geringer ausfallen kann. 

Im Projekt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt -Wissenschaftliche Standortbestimmung“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) wird bei dem Abschnitt zu Pausen, eine Pause folgendermaßen beschrieben: 

„Arbeitspausen beschreiben Arbeitsunterbrechungen, die die Ausführung von Arbeitstätigkeiten ausdrücklich nicht verlangen. Sie erfüllen diverse Funktionen, z. B. Erholung, Tätigkeitsausgleich, Motivierung, soziale Interaktion und Wahrnehmung kultureller und individueller Bedürfnisse. Arbeitspausen sind konzeptionell unterscheidbar von längeren Erholungsphasen außerhalb der Arbeitszeit (z. B. Ruhezeit, Wochenende) und ungeplanten Arbeitsunterbrechungen ohne organisational beabsichtigte Erholungsintention (z. B. Wartezeiten, Arbeitsablaufstörungen).“ 

Im deutschen Arbeitszeitgesetz (ArbZG) §4 ist der Umfang einer Arbeitsunterbrechung (Ruhepause) je nach Arbeitsdauer gesetzlich geregelt.  Dabei ist es nicht einfach festzulegen, wie diese Unterbrechung gestaltet werden soll. Das mag daran liegen, dass sie für unterschiedliche Arbeitsinhalte, sowie verschiedene Personen ganz unterschiedlich aussehen kann. 

Vielleicht arbeitest Du am PC und kannst Dich am besten entspannen, wenn Du Dich dehnst oder bewegst (inklusive Augenbewegungen), oder Du bist eine Person, die es als entspannend erlebt mit Kolleg:innen in der Pause über Privates zu sprechen (das könnte für eine andere Person genau das Gegenteil jeglicher Entspannung bedeuten). Auch können psychische und physische Voraussetzungen oder Herausforderungen dazu führen, dass Du neben den gesetzlich gesetzten Pausen und den impliziten automatischen Pausen immer wieder Unterbrechungen der Arbeit für Dich benötigst. Eine Erkundung dessen und ein Ausprobieren als Einzelperson und Teams ist sinnvoll, um transparent mit Pausen umgehen zu können und Raum für sie zu schaffen. 

Der Effekt von Pausen ist ein altes Forschungsfeld. Als Nutzen von Pausen wird beschrieben, ausgehend von den erhaltenen Ergebnissen, eine erhöhte Leistungsfähigkeit, eine Reduktion der Stressbelastung, eine erhöhte Kreativität, sowie eine geringere Fehleranfälligkeit. Pausen ermöglichen uns zudem, Inhalte und Erlebnisse zu verarbeiten, sowie diese zu speichern. Durch Pausen können wir mit uns selbst in Kontakt kommen, im Sinne einer Bestandsaufnahme „wie energetisch und motiviert bin ich aktuell?“. Das führt dazu, dass wir situationsangemessen unsere weitere Arbeitsgestaltung fortführen können. 

Was wir nicht vergessen dürfen, sind neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen der Aufgaben auch unsere psychischen und physischen Rahmenbedingungen. 

Fragen zur Selbstreflexion:

  • Sind Pausen für mich persönlich erlaubt? (für das Team/ die Organisation)
  • Welche Formate dürfen Pausen annehmen? (für das Team/ die Organisation)
  • Wieviel Zeit für Pausen nehme ich mir für mich während der Arbeitszeit?
  • Wodurch fülle ich meine Pausen?
  • Was hilft mir während der Pausen, mich zu erholen?
  • Wie fühlt es sich für mich in meinem Arbeitskontext an, zusätzliche Pausen, angepasst an meinen Bedarf, hinzuzufügen?
  • Bis wann sind Pausen angenehm? Ab wann sind sie unangenehm?
  • Wie ist die Pausenkultur innerhalb des Teams/ der Organisation gestaltet?
  • Welche Aspekte der Pausenkultur sind förderlich?
  • Welche Aspekte der Pausenkultur sind in der aktiven Umsetzung wenig hilfreich oder hinderlich?
  • Woran bemerke ich an mir selbst, dass eine Pause angebracht ist?
  • Wie reagiere ich normalerweise auf diese Hinweise?
  • Wie müsste meine Arbeit gestaltet sein, um mir ausreichend Raum für eine angemessene Pausengestaltung zu geben?

Entdecken und Experimentieren

Hier werden nun einige Anregungen zur Wahrnehmung Deiner aktuellen Pausengestaltung, sowie zum Aufbau von Pausenphasen und -zeiten vorgestellt. Probiere diejenigen für Dich aus, die Dir zusagen. Fühle Dich frei sie an Dich und Deine Situation anzupassen, sowie die Übungen, die Dir gar nicht zusagen zu übersehen. Gern kannst Du mit Deinem Team Übungen in den Arbeitsalltag integrieren und gemeinsam die Effekte evaluieren. 

1. Pausenprotokoll

Eine der einfachsten Übungen ist ein Protokoll über eine Woche oder zwei, gern auch einen Monat. Notiere dabei täglich neben Deinen Arbeitseinheiten auch Deine Pausenzeiten. Betrachte dabei die Dauer, den Inhalt und den Grad der Erholung (z.B.  mit einer Skala oder einem Farbsystem). Beachte dabei nicht nur die Mittagspausen, sondern auch die Pausen durch Kontakt zu Kolleg:innen, Toiletten-Pausen, sowie kurze Momente des Abschaltens. 

Am Ende des Betrachtungszeitraums kannst Du für Dich ein besseres Bewusstsein für Deine Pausen erhalten und im Folgenden gezielt Pausen einsetzen.

Diese Übung ist auch in Teams und Unternehmen anwendbar. Sie ist dann vor allem hilfreich, wenn von der Rückmeldung keine Gefahr ausgeht, für die Pausenzeiten und -nutzung negative Effekte erwarten zu müssen. 

2. Kurze Pausen während der Arbeitszeit

Pausen müssen gar nicht lang sein. Zu lange Pausen bergen das Risiko, zu viel Distanz zur vorherigen Aufgabe zu erhalten und dadurch schlechter den Anschluss nach der Pause wiederzugewinnen. Kurze Pausen hingegen wirken energetisierend und fördern die Aufmerksamkeit und Konzentration.

Probiere für Dich, im Team oder in der Organisation gern folgende kurze Pausen aus:

  • Vor jedem Teammeeting ein bis zwei Minuten, in denen jede Person bereits im Raum ist (auch online möglich). Während dieser Zeit gilt es innerlich anzukommen. Noch keine Inhalte werden besprochen, noch keine Frage gestellt. Es ist nur eine gezielte kurze Pause zwischen dem, was vorher war, und dem, was kommt.
  • Die Pause von ein bis zwei Minuten kann auch sehr hilfreich vor einer Feedbackrunde sein am Ende eines Meetings. Während dieser Zeit kann das Aufgenommene besser sacken und die eigene Wahrnehmung besser entdeckt werden, als direkt auf Kommando. 
  • Sobald Du merkst, dass Du Dich mit anderen Dingen beschäftigen willst, oder die letzten Inhalte nicht mehr rekapitulieren kannst, nimm Dir eine kurze Pause, in der Du Dich beispielsweise durchbewegst oder Dir Wasser holst. Dein Organismus hat Dir in dem Moment bereits mitgeteilt, dass er eine Pause benötigt. 
  • Meetings mit Puffern und Zeiten für Pausen planen, sodass nach einzelnen Themenpunkten auch gezielt Pausen genommen werden können. Meiner Erfahrung nach können ein bis zwei Minuten bereits einen Unterschied machen. 
  • Beschließt für euch im Team, wer in Besprechungen die Person sein wird, die auf ausreichend Pausen achtet. Diese Person hat die Aufgabe, während der Besprechung auf Pausen aufmerksam zu machen und diese einzuleiten. Es kann immer wieder eine andere Person sein.Es ist hilfreich zuvor bereits klar zu vereinbaren, wie und wann die Person die Pausen einleiten kann, sowie den Umfang der Pausen (entweder insgesamt oder je Abschnitt). Manchmal kann es dazu kommen, dass sich Personen nicht trauen zu unterbrechen oder unsicher sind, ob es wirklich Zeit für eine Pause ist. Da kann ein vorher besprochener Rahmen hilfreich sein. Doch allein eine Person für die Pausenplanung aktiv im Raum zu haben, fördert das Bewusstsein für Pausen. Der Umgang mit dieser Rolle kann direkt auch die Pausenkultur des Teams oder der Organisation zeigen. Wird die Rolle respektiert und ernst genommen oder nicht?

Szenenwechsel

Nicht nur im Arbeitskontext, sondern auch im therapeutischen Kontext ist es auffallend, wie es durch Veränderung der Haltung, der Bewegung oder der Umgebung zu einer Veränderung im Denken und Fühlen kommen kann. Es kommt nicht selten vor, dass ich mit Personen, die meinen, dass sie einen Stillstand für sich erleben, spazieren gegangen bin. Und beim Spazieren der erlebte innere Stillstand durch die äußere Bewegung eine neue Betrachtung erfahren konnte. 

Du kannst es gern für Dich ausprobieren:

Vergleiche Pausen, die Du in der gleichen Haltung und am gleichen Ort unternimmst, mit Pausen, die Du bewusst in einer anderen Haltung (z.B. stehend-sitzend, sitzend-liegend), Bewegung (z.B. sitzend- laufend, angespannt-dehnen) oder Umgebung (z.B. vor PC-am Fenster, im Haus- im Garten) unternimmst.