Von der Kunst, Talente freizusetzen

Ein Artikel über die Probleme und deren Bewältigung bei der Findung von Talenten.

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von Carmen Di Rito, übersetzt von Luisa Plaumann, January 1, 2018
Talente freizusetzen

„Während CEO's und die Top Business Führungskräfte 'Talent' als oberste Priorität ansehen, stufen nur 5% der Befragten die Performance ihrer HR-Abteilung in der eigenen Firma als herausragend ein.“ Global Human Capital Trends 2015, Deloitte University Press.

Bei LifeCO UnLtd, unserem mittlerweile 20 Jahre tätigen Sozialunternehmen, ist die Aufgabe, Talente freizusetzen, zentraler Aspekt der Geschäftsmission und Dynamik im Team. Eine der Hauptaufgaben ist es daher, in Menschen zu investieren, die unsere Unternehmen langfristig voranbringen. Diese Menschen zu finden ist unerlässlich. 

Seit unserer Gründung als eine Sozialunternehmer unterstützende Organisation haben wir viel Zeit, Energie und Ressourcen darauf verwendet, die richtigen Menschen für unsere Vision zu akquirieren, zu halten und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Diese bewusste „Obsession“ wurde zum zentralen Element unseres Erfolgs und blieb auch beim weiteren Ausbau des Unternehmens stets die größte Herausforderung. Wenn wir aktiv Wege finden, Talente zu erkennen, zu pflegen und weiterzuentwickeln, können wir auch weiterhin einen sinnvollen Impact für die Gesellschaft liefern. Es ist ein lohnender Versuch, der zwar manchmal anstrengend und auch ärgerlich sein kann – aber unabdingbar ist. Wir sehen unsere Mitarbeiter als zentrales Element unserer Strategie und nicht als ein unvermeidbarer Aufwand an Frustration und Kosten.

Im Laufe der Jahre haben wir viele Fehler gemacht und die vollen Konsequenzen davon zu spüren bekommen. Die vielen HR-Fehlgriffe der Jahre werden innerhalb der Organisation offen diskutiert und bieten einen reichen Fundus an Problematiken, die es uns einst erschwerten, unsere Mission zu erfüllen. Warum dieser offene Umgang? Weil wir aus unseren Fehlern lernen können.

Was sind einige unserer größten Fauxpas – unsere Top Drei vielleicht?

1. Festhalten

Nachdem wir also sehr viel Zeit, Energie und Ressourcen darauf verwendet haben, den perfekten Kandidaten für unsere Organisation zu finden, bekommen wir ein paar Monate später zu Ohren, dass unser Kandidat vielleicht doch nicht so perfekt ist, wie einst angenommen. Genauer gesagt, dämmert es uns allmählich, dass unser Kandidat allein die Kunst des CV-Schreibens sowie des Job-Interviews perfektioniert hat, seine eigentliche Job-Expertise allerdings zu wünschen übrig lässt. Neben diesen nervenaufreibenden Signalen sagen wir uns jedoch immer wieder, dass unser Bewerbungsverfahren absolut fundiert war, dass wir wahrlich sehr hohe Ausgaben hatten, diese Person zu finden, und dass wir ihn deswegen nicht einfach abschreiben dürfen. Vielleicht sollten wir ihm noch mehr Zeit geben, im Team anzukommen, ihm mehr Möglichkeiten zu Mentoring oder Coachings anbieten? So vergehen viele Monate und ebenso viele Feedback-Gespräche und trotzdem gibt es keine echte Verbesserung; doch wir halten immer noch fest. Dieses Festhalten gefährdet nicht nur die Organisation und die Teammoral, sondern belastet auch den Einzelnen, der seine eigene Zeit und Energie in den falschen Job steckt. Festhalten um des Festhaltens willen verlangt deutlich mehr, als endlich den Mut zu haben, sich voneinander zu trennen. (Und wie gehen wir nun damit um? Sobald wir Unstimmigkeiten bemerken, haben wir genau zwei Gespräche. Wenn es sich nicht verbessert, beenden wir die Geschäftsbeziehung so schnell wie möglich.)

2. Ein Auge zudrücken

Eng mit dem Festhalten einher geht die Angewohnheit des „Augenzudrückens“ bzw. des vorgeblichen Ignorierens von Tatsachen. Wir haben da ein hoch ausgebildetes und talentiertes Teammitglied, der oder die im Vergleich zum Beginn nicht mehr so engagiert scheint, irgendetwas hat sich verändert und das könnte tausende Gründe haben. Deswegen drücken wir gerne mal ein Auge zu und entscheiden uns dafür, einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen, um vielleicht gar nicht erst erfahren zu müssen, dass der- oder diejenige sowieso mit dem Gedanken spielt, das Unternehmen zu verlassen. Wären wir mutig in diese Gesprächskonfrontation gegangen, hätten wir eventuell ein anderes Ergebnis erzielt; stattdessen haben wir es versäumt eine Entscheidung zu treffen, die für alle Beteiligten akzeptabel gewesen wäre. (Wie gehen wir nun damit um? Wir vereinbaren monatliche Einzelgespräche, um Fortschritte, persönliche Anliegen und Belange kontinuierlich auszutauschen.)

3. Dem Druck erliegen

Wir sind stolz darauf, gute Strategien für Mitarbeiterbeschaffung und -beibehaltung entwickelt zu haben, die auch ständig ausgeweitet und verbessert werden. Dennoch machen wir uns bei Druck oft klein. Ob nun von potenziellen Kandidaten ausgeübt, die sich über den langwierigen Prozess beschweren oder von HR-Seite, die die Position am liebsten gestern schon besetzt hätten. So machen wir überall Kompromisse, unsere akribisch geplante Strategie verläuft im Sande und wir wundern uns, warum wir nicht die gewünschten Ergebnisse erreichen. Unsere größte Lektion war es, in den Prozess zu vertrauen und dem Druck zu widerstehen – ihm niemals zu erliegen. (Was haben wir verändert? Wir prüfen uns selbst: Sind wir der Strategie gefolgt? Haben wir ein System aufgebaut, das auch unter Druck funktioniert?)

Unsere wertvollste Lektion war es, unsere Strategien zur Talententwicklung sowohl auf persönlicher als auch auf Team- und Organisationsebene stets zu hinterfragen. Einige der wichtigsten Punkte, die dabei herausgekommen sind, habe ich euch hier zusammengestellt:

  • Einer Meinung sein: Wenn ihr eine Stelle neu zu vergeben habt, schaut zuallererst nach übereinstimmenden Werten und Vorstellungen, dann erst nach Fähigkeiten und Expertise.
  • Seid fanatisch: Seid fixiert darauf, ein robustes, solides Team aufzubauen, dass eure Werte teilt und euch stolz macht. 
  • Seid konsequent ehrlich: Teilt offenherzig die Frustrationen, Herausforderungen und Anforderungen des Jobs. Keine Samthandschuhe bitte. Teilt, wer und was eure Organisation ausmacht – authentisch. 
  • Überzeugende Vision: Habt eine überzeugende, mutige Vision. Eine Vision, die auch die Couragierten, Hartnäckigen und hart Arbeitenden begeistert.
  • Seid unbequem: Unser Sektor ist herausfordernd, belohnend und vor allem unbequem, störrisch und Unruhe stiftend. Baue ungewöhnliche Strategien zur Mitarbeiterbeschaffung und -beibehaltung auf. 
  • Experimentiert: Verbessert kontinuierlich eure Prozesse und Strategien, neue Talente auf allen Ebenen freizusetzen.
  • Spitzenleistung & High Performance: Verlangt Spitzenleistung und belohnt sie auch – und zwar auf allen Ebenen. Seid transparent, fordert Qualität, akzeptiert keine Mittelmäßigkeit. Nur so könnt ihr herausragende Leistungen erreichen. Die Geschäftsleitung muss darin Vorbild sein und Motivation liefern. 

Was wir allerdings sicher wissen, ist, dass der Weg Talente freizusetzen, offen für Interpretationen ist und in dem Sinne auch subjektiv und emotional. Er ist vielmehr eine Kunst, und „Kunst ist kein Ding – es ist eine Einstellung.“ (Elbert Hubbard). 

Unsere Talent-Philosophie sollte unsere Vision und unsere Leistungen unterstützen. Wir haben die Verantwortung, eine stabile Organisation aufzubauen, „immer im Lauf mit der Zeit – einer Zeit, die Vielseitigkeit und Unterschiede wertschätzt, einer Zeit, in der die Leute ihr eigenes Ding machen wollen und gleichzeitig Teil von etwas Größerem sein möchten, einer Zeit, in der sie zwar Strukturen verlangen, aufgezwungene Autorität jedoch ablehnen.“ (Charles Handy). 

About the Author

Carmen Di Rito, Co-Founder & Chief Development Officer: LifeCo UnLtd SA

Carmen Di Rito graduated from the University of Witswatersrand’s School of Education with a Honours degree in Education. LifeCo UnLtd develops a humanised, purpose-centred individual who is a critical thinker and practitioner for enhanced enterprise and life performance. It consults to companies on team dynamics and human performance. LifeCo's process accelerators are informed by 28 years of research and development and 19 years of practice.  It is an impact enterprise itself – 100% owned and governed by a trust, the group operates nationally and has reached over 90 000 participants to date. 100% of net proceeds fund it social mission. www.lcu-sa.com 

Dieser Artikel ist Teil des talent project des Global Social Entrepreneurship Networks (GSEN, gegründet von UnLtd) und der BMW Foundation Herbert Quandt. Das Projekt zielt darauf ab, die Herausforderungen und Lösungen im Zusammenhang mit der Attraktivität, Entwicklung und Beibehaltung von Talenten in Organisationen zu beleuchten. Folge uns unter #talentsummer.