Was bringt Altersvorsorge, wenn sie dazu beiträgt, dass die Zukunft weniger lebenswert wird?

Interview mit Til Klein, der mit seinem Start-Up Vantik unsere Altersvorsorge vereinfachen und nachhaltiger gestalten möchte.

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von Julia Loewe, June 5, 2019

Die gesetzliche Rente, die wir in Zukunft beziehen werden, wird bei der Mehrheit der Bevölkerung mehr als Bescheiden ausfallen. Grund dafür ist unter anderem die Tatsache, dass die Deutschen seit Jahren weniger Kinder bekommen. Grund genug, dass viele zusätzlich eine private Altersvorsorge abschließen. Doch vor allem jungen Leuten ist der Abwicklungsprozess zu langwierig, die Beratungsgespräche zu zäh.

"Das muss doch schneller und einfacher gehen" dachte sich Til Klein, damals noch Partner der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) und gründete geimeinsam mit Lara Hämmerle Vantik. Ihr Start-Up bietet eine mobile Lösung an, welche die Vorsorge für das Alter so einfach wie möglich machen soll. Außerdem soll das gesparte Geld nicht einfach irgendwohin fließen, sondern es wird mit dem Fokus auf nachhaltige Anlagen investiert. Wir haben Til ein paar Fragen über seine Arbeit gestellt.


Til Klein ©Vantik

Du hast Deutschlands erste digitale, nachhaltige Altersvorsorge entwickelt. Warum?

Til: Das Thema Altersvorsorge geht uns alle an. Die Lebensversicherung als klassische private Altersvorsorge passt aber nicht mehr zur Lebenswirklichkeit der heutigen Generation: komplex, unflexibel, teuer und papierbasiert. Unsere Generation orchestriert ihr Leben übers Smartphone. Daher wird es Zeit, dass man endlich auch seine Altersvorsorge mit dem Smartphone erledigen kann. Ausserdem stellt die zukünftige Arbeitswelt mit häufigen Jobwechseln, Wechseln zwischen Anstellung und Selbstständigkeit sowie Eltern- und Auszeiten ganz neue Anforderungen an die Altersvorsorge. Und schliesslich macht es einfach keinen Sinn, wenn wir Fridays for Future unterstützen, aber unsere Altersvorsorge in klimaschädliche Kohlekraftwerke investiert ist. Deshalb haben wir eine Altersvorsorge entwickelt, die sich an dein Leben und deine Werte anpasst und nicht umgekehrt.

Was hat dich motiviert, den Schritt vom Unternehmensberater zum Entrepreneur zu machen?

Til: Ich bin sehr davon überzeugt, dass die Digitalisierung eine riesige Chance ist, Finanzprodukte endlich menschenfreundlich zu machen. Als Unternehmensberater habe ich für viele internationale Banken und Versicherungen gearbeitet. Dabei ist mir klar geworden, dass diese Veränderung definitiv nicht von den bestehenden Anbietern kommen wird. Daher war es für mich ein logischer Schritt, zu beweisen, dass es besser geht. Auch wenn es eine grosse Umstellung war, habe ich den Schritt von der Corporate in die Startup Welt nie bereut. Es ist immer noch sehr motivierend, jeden Tag im Team gemeinsam die beste Lösung für die wirklichen Probleme unserer Kunden/Innen zu suchen. 

Würdest Du Vantik als ein Impact Unternehmen bezeichnen? Wie sehen es Deine Investor*innen?

Til: In der Tat würde ich Vantik als Impact Unternehmen bezeichnen. Unsere Mission, die Altersarmut zukünftiger Generationen in Europa zu reduzieren, hat einen klaren gesellschaftlichen Anspruch. Als verantwortungsvolles Unternehmen ist der Schritt in Richtung nachhaltige Investitionen des Vantik Fonds eine Selbstverständlichkeit. Insbesondere weil dies ohne Kompromisse bei Rendite und Kosten möglich ist. Das heisst finanzieller Erfolg und positiver Einfluss schliessen sich nicht aus. Auch unsere Investoren stehen voll hinter dieser Strategie und unterstützen uns auf diesem Weg.  

Was ist ein nachhaltiges Investment nach Euren Kriterien? Warum ist das bei der Altersvorsorge wichtig?

Til: Beim Thema Altersvorsorge geht es vor allem um deine persönliche Zukunft. Aber was bringt die beste Altersvorsorge, wenn sie dazu beiträgt, dass diese Zukunft weniger lebenswert wird? Pensionsgelder sind einer der größten Finanztöpfe der Wirtschaft. Damit haben sie einen wesentlichen Einfluss darauf, worin wir als Gesellschaft investieren. Vantik orientiert sich dabei an den sog. ESG Kriterien. ESG steht dabei für Umweltfreundlichkeit (Environment), soziale Verträglichkeit (Social) und nachhaltige Unternehmensführung (Governance). Dass heisst wir schliessen beispielsweise Investitionen in Rüstungsindustrie, klimaschädliche Kohlekraftwerke oder Kinderarbeit aus.  

Ihr seid 2 Jahre nach Gründung nun seit Februar am Markt. Was sind die größten Herausforderungen bisher gewesen und wie geht es jetzt weiter?

Til: Eine grosse Herausforderung ist es, Kundenorientierung und Regulierung in Einklang zu bringen. Unser Anspruch ist es, unsere Produkt radikal auf die Bedürfnisse unsere Kunden/Innen auszurichten. Die regulatorischen Anforderungen machen dass jedoch nicht immer ganz leicht. Das Problem ist, dass viele Regulierungen heute eher  die Banken vor potenziellen Klagen der Kunden/Innen schützen als umgekehrt. So sind wir verpflichtet, unsere Kunden/Innen bei der Kontoeröffnung vollkommen sinnlose Fragen fragen zu stellen, die den Prozess nur unnötig kompliziert machen. Ausserdem müssen wir unsere Kunden/Innen mit hunderten von Seiten mit komplexen juristischen Texten “zumüllen”. Bitte nicht falsch verstehen: es ist sehr gut, dass die Finanzindustrie stark reguliert ist und die Verbraucher geschützt sind. Aber die Regulierung wird heute von Bürokraten in den Ministerien zusammen mit den Lobbyisten der Finanzindustrie gemacht. Was dabei raus kommt ist oftmals alles andere als kundenorientiert. Für uns stehen die Kunden*innen im Mittelpunkt. Dafür binden wir diese aktiv in die Produktentwicklung ein. Zum Beispiel haben wir eine Facebook-Community bei der jede*r sich einbringen kann. Gerne können mir eure Leser*Innen aber auch jederzeit eine Email an til@vantik.com schreiben, wenn sie Fragen oder Ideen haben. Mitglieder*innen der tbd*community können sich zudem mit dem Code TBD2019 einen Gutschein von 25€ sichern.